Die vielen Plakate am Straßenrand kündigen es an: der Sommer ist da! Denn der Sommer ist die Zeit der Feste. Feste mit so wundervollen Namen wie „Festa del Fungo“, „Musica in Piazza“ oder „Sagra dei Fagiolini“.
„Genau dahin fahren wir“, sage ich dem Mann, der mir immer „La dolce vita“ beibringen will.
Gesagt, getan! Aber natürlich fängt alles mit einem großen Chaos an. Wild gestikulierend und streng mit der Lotsen-Kelle winkend werden wir in eine Parklücke am Straßenrand geleitet – gefühlt 20 km vom Dorf entfernt. Doch man hört und riecht schon – den Festplatz: mal die Dorfpiazza unter uralten Platanen, aber auch einfach der örtliche Fußballplatz – ist nicht mehr weit.
Und die Vorfreude steigt: es wird gutes Essen und guten Wein geben. Übrigens meist von den Mitgliedern der Ortsgenossenschaft „Pro Loco“ kredenzt.
Doch gemach! Wer essen und trinken will, muss zunächst Wertmarken erstehen. Der Erlös wird später zur Unterstützung eines Dorfprojektes eingesetzt.
Wichtig schauend und konzentriert verkaufen die Honoratioren Wertmarken, die „marche“, die man an verschiedenen Stationen gegen köstliche, meist lokal-typische Spezialitäten eintauscht – praktischerweise serviert auf Plastiktellern und in Plastikbechern.
Und schon während des Essen beginnt der eigentliche Höhepunkt des Festes: il ballo – der Tanz! Und so verwandelt sich die Piazza des Dorfes in einen riesigen Tanzsaal und der graue Asphalt in glänzendes Parkett. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, Jung und Alt, Einheimische und Touristen schwingen das Tanzbein, zu Live-Musik und immer klassisch: Discofox, Walzer, Foxtrott, Rumba, Cha-Cha-Cha, Tango und – Formation!!! Ein Gesellschaftstanz – für die Meisten ein Muss! Ein Muss, das glücklich machen kann! Alle tanzen fröhlich, aber dennoch erstaunlich diszipliniert nach den Anweisungen des Vorsängers.
Und dann kommt er: Rudolfo Valentino – nur etwas gealtert! Ich werde nie den Glanz in den Augen des alten Mannes vergessen, der im Anzug, mit Einstecktuch und polierten Schuhen, zusammen mit vielen anderen die perfekte Formation tanzt, nachdem er zuvor allein und etwas verloren auf einer Bank gesessen hatte.