Urlaubslektüre

(Ulli Breor)

Unsterblich Liebende
Wo die Liebe hinfällt…

Irgendwann interessierte auch uns dieses berühmte Pärchen:
Die Liebenden von Alassio
Wir wollten wissen, ob auch wir von ihnen in den Bann gezogen würden. Vielleicht könnten auch wir, trotz anhaltend großer Liebe zueinander, aufs Neue oder vielleicht sogar von einer noch tiefer gehenden Inspiration erfüllt werden.

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(per l’edizione 24 estiva)

Vai a

Es musste doch etwas daran sein, wenn sich am Fest der Verliebten, dem Valentinstag, die Verliebten aus aller Welt hier verabreden ,um diesem Tag den poetischen Rahmen zu verleihen.Sogar an all diejenigen, die nicht hierher kommen können, war gedacht: extra für sie wurde ein Briefkasten angebracht, damit dort Briefe mit den glühendsten Gefühlen aus aller Welt ankommen können.
Ja,… diesen Ort mussten wir unbedingt besuchen und so machten wir uns auf den Weg nach Alassio.

Lange muss man nicht suchen, denn der Ort ist leicht zu finden. Man fragt nur nach „il muretto“ – das ist das Mäuerchen, das 1951 aus einer Idee des Malers Mario Berrino entstand und auch heute noch die Touristen magisch anzieht. Dort verewigen sich seit Jahrzehnten mehr oder weniger Prominente mit Rang und Namen, indem sie individuell gestaltete Kacheln mit ihrer Signatur aufkleben lassen.

Zwar waren wir deswegen ja nicht gekommen. Trotzdem waren auch wir gleich infiziert von der Suche nach prominenten Namen. Wir fanden natürlich Ernest Hemingway und Zarah Leander und viele mehr. Aber mit der Zeit wurden uns die Personen immer unbekannter. Und als wir dann bei der italienischen Fußball-Nationalmannschaft sowie bei Christa und Claus aus Deutschland angekommen waren, konnten wir uns dann doch wieder unserem großen Ziel, dem Wunder der Liebe, zuwenden.
Denn da saßen sie… unsere Liebenden von Eros Pellini in Bronze gegossen!

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Via Dante 4, Bordighera,
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Wir schauen sie uns lange an, die beiden jungen Leute mit ihren, von Tausenden von Liebenden blank gestreichelten Knien. Sie scheinen uns eher nachdenklich und verträumt als verliebt dreinzuschauen. Vielleicht denken sie ja noch darüber nach, wie schwer der Anfang und der Verlauf ihrer Liebe gewesen waren. Darüber, was sie alles erlebt und erlitten hatten, bis sie endlich in der Skulptur eines Bildhauers hier in Alassio glücklich und vereint in der wärmenden Sonne Liguriens für immer und ewig aufs Meer schauen können. (was ihnen allerdings aufgrund der Bebauung leider schon heute nicht mehr möglich ist!)
Eine Liebesgeschichte rankt sich um die beiden – wie sie märchenhafter wohl nicht sein kann. Auch wenn es historisch nicht beweisbar ist, so ist es doch schön, daran zu glauben –an das Märchen der Liebe zwischen der Kaisertochter und dem Stallburschen. Einer Liebe, aus der das Geschlecht der Aleramiden und die Grafschaft Monferrat hervorgehen sollten.

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Dabei begann das Leben von Aleram – vielleicht im Jahre 927 – gar nicht so vielversprechend. Seine Eltern hatten sich damals aus dem westfränkischen Teil Deutschlands auf die lange Pilgerreise nach Rom begeben. Sie waren sehr gläubige Christen und hatten die lange Reise wegen der Erfüllung eines Gelübdes auf sich genommen.
In jedem Fall waren sie bis Sezze, dem heutigen Sezzadio, im Piemont, gekommen, wo Aleram geboren wurde. Seine Eltern ließen ihn offensichtlich als Kleinkind dort zurück, wohl um ihm die Anstrengungen der weiteren Reise zu ersparen. Und sicherlich mit der Absicht, ihn auch wieder abzuholen!
Letztendlich blieb er aber als Waisenkind zurück. Seine Eltern sollen nämlich in Rom gestorben sein. In einem Kloster wurde der Junge aufgezogen und er wuchs zu einem kräftigen jungen Mann heran. Schon früh wurde seine Liebe zu den Pferden entdeckt und so wurde er ein guter Stallbursche. Da er immer unternehmungslustig und mutig gewesen war, führte ihn seine Suche nach Arbeit sogar bis in die Gegend der heutigen Emilia Romagna.
Als eines Tages Kaiser Otto Brescia belagerte, befahl dieser den Gemeinden der Umgebung, Kriegsleute zu seiner Verfügung zu entsenden. Daher wurden alle jungen Männer, so auch Aleram, dem Heer des Kaisers überstellt. Hier kam er gut zurecht.Er lernte schnell die Sprache der Eroberer, was vielleicht mit seiner deutschen Herkunft zu tun hatte. Natürlich wurde er der Reiterstaffel zugeordnet und wurde aufgrund seiner hervorragenden Fähigkeiten bald auch der persönliche Betreuer der kaiserlichen Pferde.
Mit der Zeit lernte er viele Persönlichkeiten von Rang und Namen in hoher Stellung kennen. Aber das beeindruckte ihn nicht besonders – zunächst auch nicht dieses reizende, junge, adelige Mädchen, das täglich ihren Schimmel zum Ausritt beim ihm abholte und ihm schüchterne Blicke zuwarf. Gesprochen hatte er nie mit ihr, denn es waren immer Pagen oder Zofen in ihrem Gefolge. Aber ihren Namen hatte er schon einmal gehört. Sie wurde wohl Adelheid genannt.
Die Zeit verging. Eines Tages bemerkte Aleram, dass sich seine Gefühle zu diesem jungen Mädchen veränderten.Denn nun freute er sich plötzlich jeden Morgen auf die Begegnung mit ihr. Vielleicht konnte er wieder einen Blick von ihr erhaschen! Bald war er sich ganz sicher, dass auch seine Blicke erwidert wurden. Eines Morgens geschah das Unglaubliche! Als er ihr die Zügel des Pferdes reichte, streifte ihre Hand die Seine. Er erstarrte zu Eis und dennoch erglühte er wie das Feuer am abendlichen Herd. Adelheids Blick hielt dem Seinen eine Ewigkeit stand. So kam es ihm jedenfalls vor! Von diesem Moment an entbrannte das Feuer der Liebe in ihm, wild und ungestüm. Seine Nächte waren schlaflos und er sehnte den nächsten Morgen herbei. Wenn sie nicht kam, litt er große Qualen Irgendwann bemerkten auch andere die Veränderungen in seinem Wesen. Der alte Stallknecht Piero nahm ihn eines Tages bei Seite. Er habe wohl bemerkt, dass Aleram das junge Fräulein Adelheid mit Liebesaugen anschmachten würde. Ob er wohl den Verstand verloren hätte, denn er wüsste wohl nicht, wer sie sei. Die Worte „Sie ist des Kaisers Tochter“ trafen ihn wie die Keule des Feindes. Des Kaisers Tochter war für ihn als Stallbursche unerreichbar! Das war das Ende der aufkeimenden Liebe. Er glaubte nicht mehr, weiterleben zu können. Er wollte sich in sein Schwert stürzen oder …
In den folgenden Gefechten um die Stadt Brescia war Aleram einer der Furchtlosesten. Denn sein Leben bedeutete ihm nichts mehr. Adelheid versuchte er aus dem Weg zu gehen. Und wenn er sie im Stall dennoch traf, dann er traute sich nicht mehr, ihr in die Augen zu schauen.

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Aber dann geschah das Wunder! Eines Abends, nach dem Absatteln des Schimmels, den ihm Adelheid übergeben hatte, fiel ein kleines Pergament zu Boden. Er hob es auf und las: „Heute in der 11.Stunde am alten Köhlerhaus.“ Die Gedanken überschlugen sich und sein Herz raste.Er hatte versucht, die Liebe zu ersticken. Aber nun war sie wieder da. Es gab nun kein Zurück mehr. Es konnte nur noch mit der Erfüllung oder dem Tod enden. Die Stunden wollten nicht vergehen. Doch dann schlich er sich in der Dunkelheit davon. Bei der verfallenen Köhlerhütte versteckte er sich in einem Gebüsch und wartete. Die Zeit stand still und die Angst, entdeckt zu werden, kroch in ihm hoch. Da am Waldrand sah er einen Schatten vorbeihuschen. Es konnte doch nur s i e sein! Und wenn nicht? Die Angst war groß, aber die Liebe war ein Riese. Er gab ein winziges Geräusch von sich.Der Schatten reagierte sofort, bewegte sich in seine Richtung. Aleram schlich dem Schatten entgegen. Dann konnte er sie erkennen, obwohl sie in einen langen schwarzen Umhang gehüllt war. Selbst in der tief heruntergezogenen Kapuze erkannte er sofort ihr hübsches Gesicht. Ein Gefühl des grenzenlosen Glücks überkam ihn und – so schnell er konnte – lief er ihr entgegen. Es war wohl die Qual der unendlichen Entbehrung, die sie gegenseitig in die Arme fallen ließ.Schließlich rannen Tränen des Glücks über ihrer beider Wangen. Viel Zeit blieb ihnen an diesem Abend nicht. Schnell mussten sie sich wieder trennen, denn beide hatten Angst, dass man sie vermissen und nach ihnen suchen lassen würde.
Immer wieder wurden geheime Treffpunkte über zugesteckte Zettel angebahnt. Beider Liebe wuchs von Tag zu Tag, bis der Entschluss gefasst wurde, zu fliehen.
Dies war wohl der größte Liebesbeweis, den sich beide geben konnten. Denn dieser Plan war so gefährlich! Wenn er frühzeitig aufgedeckt würde, hätte das Aleram das Leben gekostet. Und Adelheid hätte ihr Leben in einem Kloster beenden müssen.
So schlichen sie sich irgendwann heimlich davon, bei Nacht und Nebel. Eine Königstochter mit ihrem Stallknecht verließ die Gegend bei Brescia mit gestohlenen Pferden und nur mit dem, was sie auf dem Leibe tragen konnten in Richtung Süden, in Richtung Alessandria, in dessen Nähe Alerams Geburtsort Sezze lag. Hier konnten sie sich Hilfe von Freunden erhoffen.Und fanden vielleicht auch Schutz im Kloster, in dem er aufgewachsen war. Aber schon nach kurzer Zeit mussten sie weiter, denn der Kaiser versuchte mit Hilfe seiner Häscher alles, um seine Tochter wiederzufinden.
Die Liebenden entschlossen sich daher, durch die Gebiete von Asti und Alba weiter nach Süden in die Ligurischen Alpen zu ziehen. Dort in den Tälern und Wäldern würde sie niemand mehr finden können. Und tatsächlich – nach vielen Monaten – hatte sich ihre Spur verwischt. Die Berge waren nur mühsam zu durchqueren und so gaben die Suchtrupps des Kaisers irgendwann auf.

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Aleram und Adelheid hatten sich inzwischen in einem abgelegenen Tal eine Hütte gebaut und begonnen, eine Köhlerei aufzubauen. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie nun auf mühevolle Weise mit dem Handeln von Holzkohle, welche sie in den benachbarten Dörfern, so auch in der kleinen Ortschaft Alassio, anboten. Die Köhlerhütte war von nun an ihrer beider, der Kaisertochter und des Stallburschen, Existenz. Dort in der Abgeschiedenheit lebten sie viele Jahre und hatten vier Söhne miteinander.
Meistens leben die Protagonisten solch schöner Liebesgeschichten bis ans Ende aller Tage glücklich und zufrieden miteinander: unserer Königstochter und ihrem Stallburschen sollte aber das Schicksal im wahrsten Sinne des Wortes die Krone aufs Haupt setzen, denn …
Während sie zufrieden mit ihren Kindern ein glückliches Leben führten, begann Adelheids Vater, Kaiser Otto, abermals Krieg mit Brescia. Und wieder brauchte er Soldaten für seine Armee, die aus der Bevölkerung rekrutiert werden mussten. Nun ist Brescia weit entfernt von den Ligurischen Alpen, aber der Kaiser hatte Verbündete – wie den Bischof von Savona. Und so half ihm dieser bei der Verpflichtung von Soldaten. Auf diese Weise kamen Aleram und sein ältester Sohn in das Heer des Bischofs und somit erneut in das Heer Ottos I.
Diesmal war es Alerams Sohn, der das Schicksal der Familie maßgeblich bestimmte. Er kämpfte nämlich so tapfer und kühn, dass der Kaiser auf ihn aufmerksam wurde. Er erkundigte sich beim Bischof von Savona, wer denn dieser heldenhafte Soldat sei. Es wurden daraufhin Untersuchungen angestellt. Am Ende wurde dem Kaiser übermittelt, dass es sich um den Sohn einer gewissen Adelheid handelte…und dieser mutige, junge Soldat wohl sein Enkel sei.
Ist es verwunderlich, was im Vaterherz des mächtigen Kaisers geschah? Nun,er verzieh seiner geliebten Tochter Adelheid, die er für tot gehalten hatte.Und erkannte auch Aleram als seinen Schwiegersohn an. Der Familie schenkte er alles Land zwischen Turin und Genua – zwischen den Seealpen und dem Po- als Markgrafschaft. Daraus entstand dann die Markgrafschaft Montferrat mit der herrschenden Familie der Aleramiden.

Diese Geschichte könnte als haltlose Phantasie bezeichnet, als reines Märchen angesehen werden, sie hat aber historische Hintergründe.
Die Gemeinde Alassio kam auf die Idee, die Geschichte aufzugreifen und zu vermarkten: ein Künstler ließ sich von der Legende inspirieren und schuf eine eindrucksvolle Skulptur. Die Menschen, die kommen, glauben an die Kraft der Liebe, die alles überwindet und Unmögliches möglich macht.
Denn wie man sehen konnte, konnten sogar Grafschaften daraus entstehen und vielleicht auch viele glückliche Familien.
Meine Frau ist keine Kaisertochter … nicht mal eine Prinzessin und ich kein Aleramid, aber es war schön, einmal hier gewesen zu sein und geträumt zu haben.
Hat der Zauber gewirkt?
Ach ja, das wollte ich Dir noch sagen, mein Schatz! Ich liebe dich!


(Ulrich Peine)

Gênes – der weite Weg nach Westen!

Heute, am Dienstag, dem 20. Mai im Jahre des Herrn 1873, gab es wirklich etwas zu feiern! Levi Strauss hatte extra zu diesem Anlass eine Flasche „Original Spumante di Genova“ mit in die Werkstatt von Jacob gebracht.

Ab heute waren sie beide Inhaber des Patents 139.121!

Natürlich hatte er damals sofort in den Deal eingewilligt: er hatte das Geld und Jacob die Lösung!

Eine geradezu lächerliche Summe hatte er investieren müssen!

Jacob war – Gott sei Dank – kein Kaufmann, der so wie er ein gewinnträchtiges Geschäft schon meilenweit gegen den Wind riechen konnte.

Jacob Davis war Schneider – und er hatte nie genug Geld! Nicht einmal die die paar Dollar, um seine Erfindung vor Nachahmern und Konkurrenten zu schützen.

Levi Strauss kannte Jacob schon seit Jahren. Sein Großhandel belieferte nicht nur dessen Schneiderei, sondern viele andere Werkstätten hier im mittleren Westen mit Stoffen und Kurzwaren, die zur Herstellung der Arbeitskleidung der Gold-Digger und Gleisarbeiter der neuen Bahnlinie „Central Pacific Railroad“ benötigt wurden: die Leute brauchten robuste Hemden und Hosen, die billig waren und etwas aushalten konnten.

Den idealen Stoff dafür importierte seine Firma „Levi Strauß & Co.“ seit Jahren aus Europa, genauer aus Genua, wo das grobe Segeltuch schon seit Jahrhunderten das ideale Material für die Arbeitskleidung der Seefahrer und Bauern der Levante abgab. Deshalb war dieser Stoff aus „Genes“ auch äußerst gefragt bei vielen Schneidereien hier in Kalifornien.

Und Jacob Davis’ Schneiderei war eine der besten.

Im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten, die tagein tagaus  immer nach den bekannten und immer gleichen Verfahren produzierten, hatte Jacob ständig nach Verbesserung seines Angebotes gesucht. Er hatte die Nähgarne verstärkt und mehr Hosentaschen angenäht.

Leider aber rissen die Nähte dieser Hosentaschen zum Ärger von Jacobs Stammkunden immer schnell auf. Kein Wunder – stopften sie doch immer ihr Werkzeug dort hinein! Ihre Frauen beschwerten sich bei Jacob darüber, dass sie die Arbeitskleidung ihrer Männer ständig reparieren mussten. Sie hätten schließlich noch anderes zu tun!

Und für dieses Problem hatte Jacob endlich die geniale Lösung gefunden: er verstärkte mit Metall-Nieten, die die hiesigen Farmer schon immer zum Verschluss ihrer Baumwollsäcke benutzt hatten, nun auch die Nähte seiner Hosen und Hemden. Seine „Genes“ waren zum Verkaufsschlager geworden.

Leider aber – Konkurrenz schläft nicht! Und schon gar nicht  in Amerika!

Agritourismo da Maria“
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Und so hatten bereits einige andere Schneidereien Jacobs Erfindung kopiert und eben solche Nietenhosen hergestellt!

Jacob Davis wusste schon, wie er seine Erfindung schützen konnte: mit einem Patent in San Francisco. Aber dafür brauchte man Geld! Und das war wieder einmal nicht vorhanden. So gut lief die Werkstatt nun auch nicht! Was tun?

Und da war nun er, Levi Strauss, ins Spiel gekommen! Gott sei Dank hatte sich Jacob Davis als guter Kunde zuerst an ihn gewandt. Und er  hatte sich die Gelegenheit natürlich nicht nehmen lassen. Für ihn war es ein Leichtes gewesen, ihm die 68 Dollar für den Patentantrag „Nietenverstärkung an Arbeitsbekleidung“ – zu geben! Nur 68 Dollar!!!

Natürlich ist nichts im Leben umsonst!

Und so würde er natürlich als Teilhaber des Patentes an der Produktion der „Jeans“ – so wurden sie unterdessen etwas amerikanisiert genannt – beteiligt werden.

Und heute war nun der Tag gekommen: mit der Postkutsche war am Morgen die Urkunde ihrer Erfindung ins Patentregister gekommen.

„Auf uns, Jacob, Prosit!“ sagte Levi Strauss.

Der Siegeszug der „Genes“ von Genua aus über den Westen der USA in die ganze Welt hinein hatte begonnen.

Nicht immer ernten die wahren Helden auch den größten Ruhm!

Alle denken an Levi Strauss, wenn von den „Levi`s“ ,den  „Blue (Genes) Jeans“, den“ Nietenhosen“, den „Texashosen “ gesprochen wird.

Doch Jacob Davis gebührt in erster Linie diese Ehre! Das musste einmal gesagt werden!

(Ulli Breor)

Biaggios Trauma

Biaggio Verando Cagna steigt langsam die Gassen seines Heimatortes Triora empor. Mit seinen 85 Jahren fällt es ihm zunehmend schwer, sich von seiner Holzcantina die Stufen der Via del Ponte zu seinem Haus zu schleppen.Und dann bei diesem Schnee! Es ist ja auch wieder einmal ein besonders strenger Winter, ein Winter so schlimm wie damals 1587, ein Winter, der alles verändert hatte! „Weg mit den Gedanken daran“, murmelt er vor sich hin.
Denn trotz der Mühsal seines hohen Alters und der schrecklichen Erinnerungen hat der alte Biaggio seinen Lebenswillen noch nicht eingebüßt. Er freut sich auf den Abend am knisternden Feuer mit einem großen Becher Tee. Die Kräutermischung dazu hat er sich als ehemaliger Farmacista des Ortes nach einem seiner Spezialrezepte selbstverständlich selbst zusammengestellt. Ja, ja, seine Kräuter würden auch in diesem Winter seine nachlassenden Kräfte stärken!
Nun, gegen die Alterserscheinungen der Menschen hatte er immer etwas tun können, aber es gab Dinge, gegen die kein Kraut gewachsen war – nichts konnte die Erinnerungen an die furchtbaren Ereignisse dieser Zeit vertreiben. Er konnte tun, was er wollte.
In seinem kleinen, aus Bruchstein erbauten Haus angekommen, versorgt Biaggo die schwache Glut im Kamin. Die Flammen verzehren das aufgelegte Holz, sie breiten sich aus, schlagen höher und höher.Und da sind sie wieder, die furchtbaren Bilder. Er hört Menschen schreien, sieht Blutlachen auf dem Boden der Piazza und riecht den Geruch von verbranntem Fleisch. Die verzweifelten Hilferufe lassen ihn nicht mehr los. Er weint bitterlich. Seit 45 Jahren schleppt er dieses Trauma nun mit sich herum.
„Ja, so ist das eben,“ schluchzt Baggio „nur noch wenige erinnern sich an die Geschehnissen von damals. Und wer noch etwas weiß, spricht nicht mehr darüber.“ In solchen Stunden fällt dem alten Mann alles wieder ein.Seine Gedanken überschlagen sich. Immer wieder…!!!

Damals war er 40 Jahre alt gewesen. Und es ging ihm gut in seinem Dorf. Seine kleine Farmacia konnte ihn ernähren, zumal er auch noch einen Gemüse- und -Kräutergarten hatte. Alle kamen sie zu ihm -mit ihren Wehwehchen, Blessuren und auch ernsthaften Erkrankungen! Obwohl er ihnen sicherlich seltsam vorkam. Denn er war schon ein Sonderling, so ohne Frau und Kinder! Und überhaupt, diese fixe Idee mit der heilenden Kraft der Kräuter! Auch hatte er doch eigenartige Ansichten aus fernen Ländern mitgebracht, als er nach längerer Abwesenheit aus der Levante in die kleine Stadt zurückkam. Schon oft hatte es deswegen laute Auseinandersetzungen mit dem Pfarrer gegeben. Aber seine Kräutermedizin konnte viele Krankheiten heilen. Und so kamen sie doch, die Leute aus Triora und Umgebung. Bis zu jenen Tagen!
Damals waren die Winter plötzlich grausam hart geworden, viel härter als sonst und auch bedeutend länger. So kam es allen wenigstens vor! Aber ohne Zweifel – die letzten Winter waren wirklich besonders schlimm gewesen. Das sagten auch die Alten im Dorf! Solch eine anhaltende Kälte hätten auch sie noch nicht erlebt. Dieser furchtbare Frost, der alles im Dorf erstarren ließ!
Aber noch schrecklicher war der Hunger. Zunächst hatte er nur die Armen getroffen, aber mehr und mehr hatten auch die wohlhabendere Leute zu leiden.
Die Sommer waren nasskalt gewesen, so dass viele Kornähren schon am Halm verfault waren. Die Ernten waren entsprechend schlecht gewesen. Schon über Jahre ging das nun so. Der Preis für Brot war ins Unerschwingliche gestiegen und an Fleisch war für die meisten überhaupt nicht mehr zu denken! Dazu kam, dass im Jahre des Herrn 1579 auch noch die Pest ausgebrochen war.
Natürlich war es richtig gewesen, dass die Behörden deshalb alle Ortschaften verpflichtet hatten, ihre Straßen zu bewachen, damit kein Fremder die tödliche Krankheit einschleppen konnte. Auf jeden Fall musste das Eindringen der Seuche verhindert werden! Kein Unbekannter sollte auch nur in die Nähe der Dörfer und Städtchen kommen.
Das wiederum hatte den Handel mit Nahrungsmitteln fast unmöglich gemacht. Die Vorräte waren verbraucht. Sogar die letzten Zugtiere waren geschlachtet worden. Der Hunger war unerträglich und die Menschen litten. Man aß alles: verfaultes Fleisch und verwesenden Fisch, gekochtes Gras, Mäuse sowie Katzen und Hunde. Es kam zu Krankheiten mit hohem Fieber und grausigen Blutflecken. Davon hatte niemand im Dorf bisher auch nur gehört! Die Kindersterblichkeit war unendlich angestiegen.
In diesem Klima der bittersten Not gediehen natürlich Aberglaube und Zwietracht. Wer war verantwortlich für dieses Elend? Hatte Gott hatte sich von den Menschen abgewandt? Oder waren da dunkle Kräfte im Spiel? Wer und wo waren diese unheilvollen Mächte im Dorf? Der Argwohn unter den Dorfbewohnern wuchs, niemand vertraute noch dem Anderen.
Zu ihm, dem früher doch so anerkannten Heiler, kamen schon seit einiger Zeit kaum noch Hilfsbedürftige. Warum? Man tuschelte jetzt über ihn und seine Mixturen aus Kräutern und dubiosen Essenzen. War er doch im Orient gewesen – bei den Muselmanen! Wer weiß, ob er nicht Exkremente und abgeschnittene Körperteile in seine Tinkturen mischte. So etwas war denen, den Muselmanen-Freunden, allemal zuzutrauen! So dachten nun viele Leute! Und mit dem Dorfarzt Lucillo hatte sich Biaggio auch schon zerstritten, weil ihm dieser Quacksalberei vorgeworfen hatte. Ausgerechnet der! Nein, bei ihm kauften sie nicht mehr!

Der alte Mann legt ein weiteres Holzscheit in das Feuer. Die Wärme tut ihm gut. Nicht nur gegen ihn hatte sich die feindliche Stimmung im Dorf gerichtet, erinnert er sich.

Inzwischen war auch diese kleine Gruppe von Frauen ins Visier einiger Männer geraten: trafen sich diese Weibsbilder nicht täglich am Waschplatz und schwatzten so geheimnisvoll? Es gab so einige, die den Frauen alles mögliche, unmoralische Teufelszeug andichteten. Daher musste das Unglück doch kommen! Die Leute suchten nach Gründen für ihr Elend!
Sie forderten von den Stadtoberen klärende Auskunft und Erlösung von dem Übel.Und diese gerieten aufgrund ihrer eigenen Unkenntnis immer mehr unter Druck. Biaggio wusste das. Schließlich hatte er gesehen, wie selbst der sich sonst so schlau gebärdende Gemeindevorsteher Stefano Carrera den bohrenden Fragen der Bevölkerung ausgewichen war. Lange konnte das nicht gut gehen! Irgendwer ist schließlich immer der Böse im Land!
Und so verwunderte es Biaggio auch nicht, dass auf einmal Gerüchte über höhere, böse Mächten im Dorf grassierten. Hexerei solle am Werk sein. Das musste so schnell wie möglich aufgedeckt werden! Es wurde sogar die Summe von 500 Scudi für Hinweise auf praktiziertes Hexenwerk ausgesetzt. Eine hohe Summe für ein wenig Getratsche und ein wenig Verdächtigen! Darüber hinaus hatte Stefano Carrera schriftlich um Unterstützung durch die Heilige Inquisition in Genua nachgesucht. Und damit war der Damm gebrochen!

Biaggio erschauert bei dieser Erinnerung und legt einen weiteren knorrigen Ast in die Glut.

Genua schickte tatsächlich umgehend den Priester Giorlano del Pozzo,der nach einwöchiger Reise im November 1587 in Triora eintraf. Auch Biaggio war damals in der Pfarrkirche gewesen, als der wortgewaltige Gottesmann schon am ersten Sonntag in der Messe gegen alles Verderbte und gegen die Ungläubigkeit donnerte. Das bestehende Elend, auch das der vergangenen Zeiten, wurde als Strafe Gottes benannt. Es wurde still im Gotteshaus und die Menschen blickten verängstigt zu Boden, als del Pozzo Häresie, Unzucht und Hexerei anprangerte, die sich ganz offensichtlich auch hier in der kleinen Stadt Triora ausgebreitet hätten. Es konnte einfach keinen anderen Grund dafür geben, dass Gott die Bevölkerung so grausam strafte. Jeder sei verpflichtet, Meldung über ungewöhnliche und verdächtige Vorfälle zu machen!
Und auf einmal erinnerte sich der eine oder die andere daran, Auffälligkeiten bei dieser oder jener Person und bei jener und dieser Gelegenheit beobachtet zu haben.
So fragte sich der Schmied Carmelo, ob er nicht gesehen hatte, wie die Mazurella letzten Sonntag beim Verlassen der Kirche in das Weihwasserbecken gespuckt hatte.
Oder aber die Rosella! Die konnte darauf schwören, dass ihr Mann von dieser Hure Maria verhext worden sei. Er war doch seit einiger Zeit so nachlässig gegenüber ihr geworden!
So fand ein jeder in den Abgründen seiner Seele einen Menschen, den er verachtete, den er beneidete oder auf den er eifersüchtig war. Und so fiel der Samen des kirchlichen Wortes auf fruchtbaren Boden.
Biaggio ahnte Schlimmes, als man dann auch noch öffentlich dazu aufrief, diese Sünder, Schädlinge und dieses Geschmeiß, die das Wirken Christi mit ihrem schändlichen Tun besudelten, umgehend zu melden. Es seien ja auch die ausgesetzten 500 Scudi noch zur Auszahlung bereit!
Nach der Messe verließen die Menschen die Kirche bedrückt, mit gesenktem Haupt und grußlos. Auf dem Kirchplatz zerstreute sich die Gemeinde schnell und man verschwand in den Gassen des Dorfes. Biaggio konnte sich noch gut erinnern, dass er noch einige Worte mit der Signora Stella, die ihn beim Verlassen des Kirchplatzes angesprochen hatte, gewechselt hatte. Sie war noch eine der wenigen Bewohner Trioras, die Kontakt zu ihm pflegten. Vielleicht weil sie aus der vornehmeren, gebildeteren und wohlhabenderen Schicht der Bevölkerung stammte, hatte sie sich sowohl das Geld für Medizin als auch die Toleranz für seine Person und seine Lebensführung bewahrt. Biaggio mochte sie.Mehr Kontakt hatte er allerdings nicht in die Kreise um die Signora. Er blieb lieber für sich und bei seinen Studien der Pflanzenkunde und Botanik.

Biaggio nimmt einen tiefen Zug aus seinem Becher. Er erinnert sich.

Ja, die Pflanzenkunde, das war sein Leben gewesen. Damals war er auf einem Schiff der Genueser Handelsflotte als einfacher Matrose angeheuert, hatte sich dann aber nach einem Streit mit dem Kapitän abgesetzt und mehrere Jahre in Syrien und Ägypten aufgehalten. Dort war er mit dem großen Werk des im Orient berühmten Ibn al-Baitar in Kontakt gekommen. Für ihn war dessen Buch mit der Beschreibung von über 1.400 Pflanzen und den daraus zu gewinnenden Rezepturen die Grundlage seines zukünftigen Berufes geworden. Das, was über die Klöster verbreitet wurde, war nichts im Vergleich zum Lebenswerk dieses großen Mannes. Dieser Mensch , der ja seit mehr als dreihundert Jahren tot war, wurde sein großes Vorbild. Ihm eiferte er nach. Immer mehr vertiefte er, ja verkoch er sich in das Studium der Heilpflanzen und der daraus gewonnenen Drogen. Mag sein, dass er sich so zu einem Sonderling entwickelt hatte. Aber das war nun einmal sein Leben geworden.
Nun, Signora Stella war schon lange seine Patientin. Heimlich! Denn der Doktor Lucillo wollte – wohl auch um des eigenen Vorteils Willen – besonders die zahlungskräftigen und hochgestellten Kranken nicht an solch einen „Quacksalber“ wie ihn verlieren.
Biaggio schmunzelt: natürlich waren damals viele Hilfsbedürftige immer noch zuerst zu ihm gekommen. Und nicht zu diesem Scharlatan Lucillo! So wie die Signora Stella! Der Tee tut gut,denkt er.

Signora Stella litt an Gliederschwamm und hatte ihn aus diesem Grund damals auf dem Kirchplatz flüsternd gebeten, für sie noch einmal diese lindernde Salbe gegen Gelenkschmerzen anzusetzen. Sie gingen deshalb zügig die schmale Gasse zu seinem Haus hinunter. Dabei unterhielten sie sich über die gerade gehörte Predigt. Signora Stella teilte Biaggios Befürchtungen, dass der Aufruf zur Denunzierung verheerende Folgen haben könnte: solange Krankheiten und Naturereignisse als Strafe Gottes oder Werk des Teufels gesehen wurden, musste es nach der christlichen Logik auch Menschen geben, die dies zu verschulden hatten oder Gott erzürnt hatten.
Aber er – Biaggio – hatte mit seinem geschärften Beobachtungssinn andere Zusammenhänge entdeckt: welche Folgen hatten wohl die katastrophalen Lebensbedingungen bei den Ärmsten der Armen? Dort unten im Dorf wohnte man ohne Wasserstelle in engsten Verhältnissen mit vielen Familienangehörigen, dem Vieh und den Ratten unter einem Dach. In der Fleischergasse stank es bestialisch nach verfaultem Fleisch. Die Blut- und Schleimreste sickerten in den Boden. Und das Trinkwasser kam aus dem Brunnen ganz in der Nähe! Aber darüber durfte man nicht sprechen und vor allem nicht die Worte der Kirche anzweifeln. Insofern waren Biaggio und Signora Stella sehr darauf bedacht, von niemandem gesehen und gehört zu werden. Der kleine Tiegel mit der Salbe wechselte daher schnell in die Hände der Signora – in dem Moment, als oben im zweiten Stock des Hauses eine Diele knarrte. Hatte sie jemand belauscht und heimlich beobachtet?Biaggio hatte nicht sofort nachgeschaut. Das war vielleicht einer der größten Fehler seines Lebens gewesen.

Der alte Mann nimmt einen weiteren Schluck seines köstlichen Kräutertees .Doch auch der vertreibt nicht seine Schuldgefühle. Hätte er doch damals nachgeschaut! Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass die Volksseele schon so vergiftet war.
Am darauffolgenden Tag sollte eine Zeit des Schreckens und Grauens beginnen,die sich niemand auch nur in den schlimmsten Träumen hätte vorstellen können. Diese Zeit würde Liebende entzweien, Familien zerstören und Freundschaften auslöschen. Es sollte die grausigste Zeit des Dorfes und der ganzen Region werden.Die Menschen würden noch mehr als ein halbes Jahrhundert danach daran denken.

Er hatte sich schon am frühen Morgen aufgemacht, um Kräuter zu sammeln und ein wenig Holz zu suchen.Da Biaggio dafür in den Olivenhain gehen wollte, musste er durch das Dorf. Auffällig, dass schon so viele Leute in die Pfarrei und zum Amt gingen oder auf der Piazza warteten. Die meisten von ihnen wirkten verschüchtert. Einige hatten ihr Gesicht tief im Mantel vergraben, mit hochgeschlagenem Kragen.
Ab der Mittagszeit sah man dann den Richter in Begleitung des Priesters del Pozzo und einigen Häschern, die man diesem aus Genua mitgegeben hatte, durchs Dorf streifen. Nach kurzer Zeit waren schon zwanzig Frauen verhaftet worden und schnell wurden es vierzig. Denn auch in den naheliegenden Dörfern war Hexerei und Zauberei gemeldet worden. Auf so viele Personen war natürlich das Gefängnis nicht eingerichtet. Und so wurden kurzerhand Privathäuser, deren Kellergewölbe und Dachgeschosse in Gefängnisse umgewandelt.Eines dieser Häuser war das Ca` de Baggiure.
Das ganze Dorf war in Aufruhe und es wurde viel getratscht und getuschelt.Jeder hatte etwas gesehen oder gehört.Aber neben Furcht war auch Erleichterung darüber zu spüren, dass nun endlich,endlich etwas passierte. Denn so konnte es ja nicht weitergehen. Ganz groß das Wort führte der Unterpräfekt Garlindo: er sei sehr froh, dass nun endlich hart durchgegriffen würde. Er hätte es doch immer gewusst, dass es da am Brunnen nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Die Frau des Barbiers, die alte Bettlerin Franca, die Schwester des Fleischers und noch zwei weitere weibliche Subjekte hatte er höchst persönlich beobachtet, wie sie sich dort doch sicherlich zu einer Hexerei verabredetet hatten. Und tatsächlich hatte auch jemand die Francesca um Mitternacht auf dem Besen reiten gesehen. Die alte Franca hatte den bösen Blick, das wusste jeder. Sie hatte es doch immer den jungen Frauen geneidet, dass diese Kinder hatten. Sie selber war ja zeitlebens kinderlos geblieben. Man wusste auch von einer jungen Frau, die im Kindbett gestorben war, nachdem sie Kontakt mit dieser alten Hexe hatte. Das passte alles zusammen, denn so einer wie der Francesca schenkt Gott keine Kinder. Vermutlich war sie auch am Tod vieler Kinder beteiligt. Endlich konnte das auch mal gesagt werden und hatte entsprechende Folgen. Und dass die schöne Mazurella Unzucht mit dem Teufel trieb, war doch sowieso schon lange bekannt. Dabei hatte sie doch so einen netten Verlobten!

Biaggio schürt das Feuer im Kamin. Ja, so war das damals gewesen! Er war dabei gewesen!

Unter den weiteren Angeschuldigten waren auch vier junge Mädchen und ein kleiner Junge. Die Denunziationen machten vor niemandem halt. Sogar Mitglieder einflussreicher Familien und selbst Adelige wurden denunziert und verschleppt. Das war kein Wunder, denn es gab so manche, die miteinander ein Hühnchen zu rupfen hatten. Hass, Neid und Missgunst taten in den kommenden Monaten ihr Übriges. Und so verschwanden viele in Verliesen und Kellerräumen.

Voller Scham erinnert sich Biaggio, dass auch er sich aus lauter Furcht vor der Inquisition von diesen Orten ferngehalten hatte.

Aber dennoch musste er eines Tages am Haus des Böttchers Alfredo vorbeigehen. Es war seltsam still im Haus gewesen. Nur hinter dem Tor der Werkstatt vernahm Biaggio ein Wimmern und Stöhnen. Was ging da vor? Ihn überkam ein seltsames Gefühl von Neugier und Furcht. Also ging er näher heran. Und nun konnte er die sonore Stimme des Priesters del Pozzo erkennen. Aber was sprach der da? Er hörte Wortfetzen aus Gebeten, Beschwörungen, aber auch Beschimpfungen und Beleidigungen. Und dann war da auch dieses Jammern und Wehklagen. Durch einen Spalt in der Tür konnte Biaggio erkennen, was ihm schier den Atem verschlug – eine Frau ,welche nur spärlich mit einem Hemd bekleidet und an Händen und Füßen gefesselt war. Man hatte sie an einem Seil hochgezogen, so dass die Füße nur eben den Boden berührten. Daneben stand einer der Häscher der Gemeinde mit einer Rute und prügelte auf die arme Seele ein. In diesem Moment fiel ein Lichtschein auf das Gesicht der Frau und Biaggio wich erschrocken zurück. Nein, nein… das konnte doch nicht wahr sein! Das war Signora Stella!!! Das Hemd der armen Frau war bereits am Rücken zerrissen und blutverschmiert. Die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Biaggio starrte gebannt und fassungslos auf das Folteropfer. Er erschrak gewaltig, als der nächste Hieb niederging. Die Signora stöhnte markerschütternd auf. Was konnte ihr denn vorgeworfen werden? Alle wussten doch, dass sie ein redliches Leben führte. Die Angst kroch in ihm hoch und er hörte, wie der Priester immer wieder rief: „Gestehe, gestehe Sünderin, dass du mit dem Apotheker Unzucht getrieben hast und dafür seine Teufelssalbe geschenkt bekommen hast.“
Es war wie ein böser Traum. Biaggio rannte von panischer Angst getrieben davon. Die Furcht vor seiner eigenen Verhaftung nahm Besitz von ihm.
Schon kurze Zeit später wurde gesehen – so erzählte man später –, dass zwei Söldner der Genueser Regierung den Dorfarzt Lucillo zum Haus des Böttchers gebracht hatten, wo dieser sich ungefähr eine Stunde aufgehalten haben soll. Dass dessen ärztliche Maßnahmen ohne Erfolg geblieben waren, war klar, als die zwei Soldaten einen Leinensack aus dem Hause schleppten und ihn auf den Karren eines herbeigeeilten Schergen warfen. Dieser verschwand umgehend, wurde aber beobachtet, wie er außerhalb des Dorfes in ein abgelegenes Waldstück abbog. Hier wurden schon immer die Selbstmörder und Aussätzigen verscharrt. Und … das lag nahe, jetzt auch die getöteten Frauen.
Baggio musste Gewissheit haben. Wo war Signora Stella verblieben?
Wie ein Dieb in einen schwarzen Mantel gehüllt, machte er sich am Abend auf den Weg. Auf dunklen Wegen schlich er sich aus dem Dorf, immer in der Angst, entdeckt zu werden. Eine Lampe konnte er nicht mitnehmen, sonst wäre er aufgefallen. Einmal hörte er eine Gruppe junger Leute laut redend in seine Richtung gehen. Blitzschnell drängte er sich noch rechtzeitig in den Eingang einer verfallenen Cantina. Zum Glück war sie nicht verschlossen. Er hockte sich in eine Ecke und warf den Mantel über sich …und wartete unendliche Minuten, bis die Stimmen kaum noch zu hören waren. Beim Verlassen des Kellers ging im Haus gegenüber ein Licht an. Es hatte offensichtlich jemand eine Öllampe angezündet. Aber am Fenster konnte er keinen Schatten ausmachen und so schlich er sich gebückt weiter. Jetzt musste er nur noch dem alten Nachtwächter Alfonso ausweichen. Aber das machte ihm keine Sorgen, denn der Alte war stocktaub und hatte auch meistens um diese Zeit schon seinen Nachttrunk genommen. So kam er denn – ohne gesehen zu werden – aus dem Ort hinaus. Jetzt musste er nur noch den Weg in den Wald finden. Am Tage war das kein Problem, aber diese Nacht war stockdunkel und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Er stolperte über Steine und herabgefallene Äste. Einmal rutschte er sogar in den Abwassergraben. Dann kam er doch an diesen grausigen Ort. Er konnte schemenhaft die ausgehobene Grube sehen. Nun kam es darauf an, die Nerven zu behalten. Sein Herz schlug bis zum Hals. Er ließ sich hinuntergleiten und sah den Sack, in dem sich ganz offensichtlich ein menschlicher Körper abzeichnete. Man hatte nachlässig bereits etwas Kalk darüber geworfen. Baggio fingerte in den Taschen nach dem mitgeführten Messer. Und dort, wo er den Kopf des Leichnams vermutete, schlitzte er das grobe Gewebe auf. Vorsichtig öffnete er den Spalt und zog den Stoff beiseite. Er sah in das bleiche, aufgequollene Gesicht einer Frau. Obwohl es durch die Tortur sehr stark verunstaltet war, konnte er doch die Züge der Signora Stella erkennen. In diesem Moment überwältigte ihn die Trauer und er weinte bittere Tränen. Er rannte nach Hause und verließ das Haus tagelang nicht – immer in der Furcht, auch verhaftet zu werden.
Niemand sprach über das Verschwinden der Signora. Biaggio hatte zwar versucht, den Dorfarzt Lucillo, der ja bei der strengen Anhörung im Haus des Böttchers zumindest eine gewisse Zeit anwesend gewesen war, anzusprechen. Aber das hatte in wüsten Beschimpfungen geendet. Lucillo
wollte nicht dabei gewesen sein! Niemand wollte etwas gewusst haben! Niemand wollte sich mit der Inquisition anlegen!
Ende März kam es zu einem weiteren Vorfall auf der Dorfpiazza direkt unterhalb der Ca’ de Baggiure. In den frühen Morgenstunden hörten die Anwohner des gegenüber liegenden Hauses lautes Geschrei und Gepolter. Danach wurden das Klirren gebrochenen Fensterglases und ein dumpfer Schlag vernommen. Sofort strömten Menschen zusammen.Man sah auf dem Pflaster des Platzes den leblosen Körper einer Frau liegen, um deren Körper sich schon eine Blutlache gebildet hatte. Die klaffende Wunde am Kopf war nicht zu übersehen.Man wusste, dass es sich bei der toten Frau um die Antonella handelte. Sie war die Köchin des Pfarrers gewesen, bevor sie der Hexerei beschuldigt und verschleppt worden war. Der Menschenauflauf wurde schnell auseinander getrieben, damit die Büttel der Inquisition die tote Frau ins Haus zurückbringen konnten. Für einige war klar, dass Antonella sich aus dem Fenster gestürzt hatte. Oder war sie doch gestoßen worden? Den Gerüchten waren keine Grenzen gesetzt. Die Inquisition hüllte sich in Schweigen. Später wurde bekannt, dass im Dachgeschoß des Hauses Verhöre stattgefunden hatten. Man wolle herausgefunden haben, dass Antonella vom Teufel besessen war, weshalb man dabei gewesen war, ihn ihr auszutreiben.

Biaggio schämt sich aufs Neue bei dem Gedanken an die junge Frau. Auch er hatte nichts getan! Und dieses schändliche Treiben war weiter gegangen. Er erinnert sich an das Schicksal seiner Nachbarfamilie.

Ende März 1588 klopfte es plötzlich an seiner Tür. Er erschrak bis ins Mark. Jetzt holen sie auch mich, war sein erster Gedanke gewesen. „Wer ist da?“ rief er. „Ich bin’s doch, Pino!“, hörte er. Biaggio erkannte die Stimme seines Nachbarn und ließ ihn ein. Dieser zitterte am ganzen Körper.Er sah erbärmlich aus. Pino fiel vor ihm auf die Knie. Er stammelte unter ständigem Schluchzen wirr auf ihn ein. Nur mühsam konnte Biaggio das Wesentliche von ihm erfahren. Sie hatten wohl seine Tochter brutal aus dem Haus gezerrt und der Hexerei beschuldigt. Man hatte sie mitgenommen und Pino wusste nicht, wo sie mit seinem Kind hingegangen waren. Seine Frau war in Hysterie verfallen. Mehrere Frauen der Nachbarschaft kümmerten sich jetzt um sie. Biaggio konnte den Armen zunächst nur mit einem starken Baldrian-Trunk beruhigen. Er versprach ihm aber, sich am nächsten Tag nach dem Verbleib der Tochter zu erkundigen.
Am nächsten Morgen waren sie beiden dann gemeinsam zum Gemeindehaus gegangen.Dort war man jedoch nicht bereit, ihnen Auskunft zu erteilen.Die beiden Nachbarn versuchten auch zum Gemeindevorsteher vorzudringen, aber der war natürlich nicht erreichbar.
Am Abend traf Biaggio zufällig den Gemeindesekretär Greco, der sich in seiner Cantina zu schaffen machte. Bei ihm war auch der Avocato Benini. Sie diskutierten heftig miteinander und hatten wohl auch schon einige Gläser Wein getrunken. Greco – das wusste Biaggio – hatte schon immer seinen Wein selber gemacht. So konnte er die mageren Zeiten wenigstens mit einem Schluck Wein schön trinken. Unter Berücksichtigung der Mangelernährung hatte der Rosso bereits seine Wirkung gezeigt!
Da Baggio als früher angesehener Mann mit beiden gut vertraut war, war es dem Sekretär und dem Anwalt angenehm, als er sich zu ihnen setzte. Wie überall gab es auch bei ihnen nur ein Gesprächsthema:
Dass die jüngsten Ereignisse solche Ausmaße annehmen würden, hatte niemand für möglich gehalten.Viele Bewohner wandten sich in Kummer und Verzweiflung um Hilfe an ihre Gemeindevertreter.
Besonders stark war der Druck auf sie geworden, als sich unter den Denunzierten auch immer mehr angesehene und adelige Bürger befanden.Einige Gemeindevertreter ruderten wohl schon zurück. Man wollte sich nicht die Finger an dieser Entwicklung verbrennen.Der Avocato war sichtlich betroffen, dass unter den Angeschuldigten viele Mädchen im Reifealter von 11 bis 13 Jahren waren.
Etliche wohlhabende Familien hatten schon Kontakt mit der Regierung in Genua aufgenommen und um mäßigende Einflussnahme gebeten. Das Ganze war offensichtlich – so wie der alte Seebär Sandro es beschrieb – aus den Rudern gelaufen!
Nach einem weiteren Glas erfuhr Biaggio – natürlich unter vorgehaltener Hand –, dass von Genua aus ein weiterer Inquisitor auf den Weg geschickt worden war. Dieser sollte den aktuellen Priester ersetzen und Licht in die verworrene Situation bringen. Es wurde auch bereits der Name des neuen Inquisitors gehandelt. Man rechnete mit der Ankunft von Giulio Scribani im Juni. Und man hoffte, dass dieser den schon seit Mai in der Stadt weilenden, gemäßigten Inquisitionsgeneral Alberto Drago gegen die Fanatiker unter del Pozzo unterstützen würde.Drago bemühte sich schon seit einiger Zeit redlich darum, wenigstens die jungen Leute aus dem Kerker zu befreien.
Man wollte wieder zurückkehren zu einem normalen Leben. Denn über die Monate war es still geworden in Triora. Angst und Misstrauen hatten sich breit gemacht und das Gemeinwesen vergiftet. Feste wurden schon lange nicht mehr gefeiert. Das fröhliche Gelächter der Kinder in den Gassen und das Geschnattere der Frauen am Waschplatz waren verstummt.

Biaggio wird plötzlich sehr müde. Er schließt seine Augen. Er erinnert sich aber ganz klar, dass dann Gott sei Dank die Wende kam.

An einem feuchtwarmen Tag im April war eine große Unruhe zu spüren gewesen. Die Menschen des Dorfes versammelten sich auf der Piazza. Es war bekannt geworden, dass 13 angeklagte Frauen nach Genua in die dortigen Gefängnisse überstellt werden sollen. Das waren schlimme Nachrichten, denn man wusste: wer dort einmal im Grimaldi – Turm verschwand, wurde niemals mehr gesehen. Es gingen die wildesten Gerüchte um, dass die Gefangenen dort verhungerten, an Misshandlungen starben oder sich mit dem Antonius-Fieber,der Lepra, infizierten und am lebendigen Leibe verfaulten.
An diesem besagten Morgen standen bereits die Ochsenkarren aus Genua bereit, mit denen der Abtransport durchgeführt werden sollten.Von allen Ecken des Ortes wurden gefesselte Frauen aus Kellerkerkern und Dachverschlägen herbeigezerrt. Sie waren alle mehr tot als lebendig, in einem bedauernswürdigen Zustand, alle schwer gefoltert, blutverschmiert und unbeschreiblich schmutzig. Der eigene Kot und Erbrochenes klebte an ihrer Kleidung und verschmierte die Haare. Sie stanken bestialisch und einige konnten sich nicht mehr aus eigener Kraft auf den Beinen halten – die Gliedmaßen gebrochen, die Gesichter von den Schmerzen der Folter verzerrt, am ganzen Körper geschunden von der siebenschwänzigen Peitsche, die von den Folterknechten der Inquisition benutzt wurde.
Aber in diesen grausamen Momenten zeigte sich, dass doch noch ein Funken Barmherzigkeit in den Herzen der Menschen Trioras verblieben waren. Einige junge Männer und Frauen sprangen herbei und halfen den Geschundenen auf Ihrem schweren Weg. Wirklich helfen konnten sie nicht, denn sie wurden sofort von Bewaffneten zurückgedrängt,
Unter Beschimpfungen, Flüchen sowie Schlägen mit groben Knüppeln wurden die armen Seelen zu den Wagen getrieben und wie Vieh darauf geworfen. Es sollte wohl alles sehr schnell gehen, um die Bevölkerung nicht noch weiter zu beunruhigen. Aber wie es so ist, das Ereignis konnte nicht verschleiert werden.
Im weiteren Verlauf des Abtransportes kam es zu traumatischen Szenen: Carlo, der Barbier, erkannte in dem Leidenszug seine Frau. Wie von Sinnen, unter wildem Gebrüll und Wehklagen, bahnte er sich einen Weg durch die Menge. Doch er wurde von Bewaffneten brutal gebremst und zu Boden geworfen. Dann waren auch schnell drei weitere, grobschlächtige Kerle über ihm und prügelten auf ihn ein. Seine Frau schrie herzzerreißend nach ihm, wurde aber an den Haaren zum Wagen gezerrt und so heftig darauf geworfen, dass sie gleich mehrere andere mit zu Boden riss.
Von der hübschen Francessina war nur noch ein Häuflein Elend übrig geblieben. Auch sie war gefoltert worden,völlig entkräftet und sah mit ihren 25 Jahren schon so alt aus wie eine Greisin.
Als alle verladen waren, setzte sich der Elendszug in Bewegung. Zunächst hörte man noch das Rollen der Karren auf dem Kopfsteinpflaster und das Brüllen der Ochsen unter den Peitschenknallen der Fuhrleute. Dann wurde es immer ruhiger.Es blieb eine Totenstille zurück. Gesprochen wurde nicht mehr viel, einige weinten und langsam löste sich die Schar der Schaulustigen auf.
Der Barbier lag noch bewusstlos auf dem Pflaster.Einige junge Männer nahmen sich seiner an und schleppten ihn nach Hause. Tage später wollte ihn Biaggio zu Hause aufsuchen. Doch das Haus war leer. Die Nachbarn berichteten, dass man ihn seit diesem furchtbaren Tag nicht mehr auf der Piazza gesehen habe. Man habe ihn damals zu Bett gelegt und soweit wie möglich versorgt. Seither wurde er nicht mehr gesehen. Er war einfach verschwunden!
Im Juni des Jahres 1588, an einem denkwürdigen Sonntag, war es dann soweit. Der Inquisitor Scribani kam mit seinem Gefolge und mehreren Bewaffneten an. Man hatte gehofft! Aber es war, als wenn die Vögel an einem schönen Sommertag aufhören wollten, zu singen.
Noch wusste niemand, was kommen würde und wie sich diese Amtsperson verhalten würde. Da der derzeitige Inquisitionsgeneral Drago noch kurz vorher einige der kleinen Mädchen aus den Fängen des fanatischen Priesters hatte retten können, hoffte man nun auf eine allgemeine Entspannung des aufgeheizten Klimas. Für die Mädchen war es glimpflich ausgegangen: sie wurden lediglich dazu verurteilt, abzuschwören. Dies taten sie natürlich umgehend und konnten zu ihren Familien zurückkehren. Aber bei vielen war durch die Erlebnisse der Folter und Quälereien das Lachen für immer aus dem Gesicht verschwunden.
Vom neuen Inquisitor sollte man schon bald hören. Allen Hoffnungen zum Trotz nahm die Situation noch einmal eine Wendung, mit der niemand – auch nicht im entferntesten – gerechnet hätte.
Scribani entfesselte ein noch grausames Inferno als sein Vorgänger. Dabei gebärdete er sich in einer unvorstellbar fanatischen Art. Er verbreitete das Klima des religiösen Hasses und der Verfolgung auch in Badalucco, Montalto, und in die entlegenen Dörfer Realdo und Verdeggio, ja sogar bis nach Sanremo. Es begannen neue Verhöre und Folterungen.

Furchtbar war es gewesen. Es hatte noch lange angedauert. Er hatte überlebt. Aber die Erinnerung an das Geschehen jener Zeiten hatte zeitlebens an ihm genagt. Glücklich war er nie gewesen! Biaggio führt den Becher mit den letzten Tropfen seines Kräutertees an den Mund. Der Becher aus Ton entgleitet seiner Hand und zerschellt auf dem Boden.

Diese Geschichte ist frei erfunden, bezieht jedoch Begebenheiten, die sich in Triora, einer kleinen Stadt im ligurischen Hinterland in den Jahre 1587 und 1588 abgespielt haben sollen, ein.
Die Erinnerung an die schrecklichen Verfolgungen der sogenannten Hexen wird heute im sehr sehenswerten „Museo Regionale Etnografico e Della Stregoneria“ aufrecht erhalten.

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